Cum Poetri.
13. März 2015
Wenn zu Beginn des Tages
alles schon riecht nach Hades
Innereien von Gedanken
ganz elendig erkranken
Dein Seien siecht und west
verschimmelt, wo du stehst
dann sei kein Dieter Nuhr
und wage die Zäsur!
(Gut gemeinter Rat, 2015)
Ein Mann las in der Bahn
in einem kleinen Buch
doch war ganz offensichtlich
darin ein rotes Tuch
beinah‘ nach jedem Satze
blickte er fragend auf
als nähme die Geschichte
einen kryptischen Verlauf
Sein Blick war tief bedenklich
erschüttert und verstört
als wenn ein‘ jede Zeile
Welt erschafft und Welt zerstört
Geheim bleibt die Lektüre
wie deren Zauberei
Wir erreichten einen Bahnhof
die Reise war vorbei
(Wahre Geschichte, 2015)
Kunst ist schön.
Wer Kunst hat, hat mehr Zeit.
Kunst macht selbstbewusst.
Kunst kann trösten, retten, ablenken, aufbauen, stärken, helfen, versüßen, verzaubern, erfüllen.
Kunst kann verbinden, vereinen, verewigen.
Kunst macht glücklich.
Manche Menschen bezahlen für Kunst.
Kunst ist nie umsonst.
Manche Menschen leben von Kunst, manche leben von der Kunst anderer.
Kunst verkauft Shampoo und Abonnements.
Kunst funktioniert.
Kunst kann Routine werden oder Zwang oder Schlimmeres.
Kunst ist Macht.
Kunst kann süchtig machen.
Kunst kann scheitern, frustrieren, provozieren, verärgern, verzweifeln, verderben, unterwerfen, demütigen.
Kunst kann weh tun.
Kunst kann dein Leben zerstören.
Kunst kann dein Leben retten.
Kunst kann alles verändern.
Kunst könnte der Sinn des Lebens sein, denn alles Leben entsteht aus Kunst.
Kunst erschafft Kunst,
erschafft Kunst,
erschafft Kunst.
Voll meta.
(Liebe, 2015)
Es war mir einst nach Stille
nach Ruhe vor dem Ich
denn Sein in seiner Fülle
war laut und widerlich
So suchte ich den Trubel
mich im Strome zu verlieren
den Sog der Lichter Strudel
um im Nichts zu existieren
Ich nahm die Hand vom Steuer
senkte meinen Blick
war ohne Ziel und Richtung
und mein Dasein fiel zurück
Im flimmernden Getöse
wo jedes Teilchen fluktuiert
verschwammen die Gedanken
waren automatisiert
Doch in der Tiefe des Darinnen
kam es, dass der Nebel wich
und mit heimkehrenden Sinnen
gewahr ich letztlich: mich
(Selbstversuch, 2015)
Ich wär‘ gern dein Freund
denn ich mag dich sehr
doch dein Freund zu sein
fällt mir wahnsinnig schwer
Es quält mich die Hoffnung
Ich erwarte zu viel
für mich ist es Leiden
für dich ist es Spiel
Du kannst mich haben
doch nimm mich gleich ganz:
meine Liebe, mein Herz,
mein Arsch und mein Schwanz
(Zone der Freundschaft, 2015)
Seit einem Jahr hatte ich bereits kein Wasser getrunken.
Man gab mir ein bescheiden befülltes Glas und wies mich an, dessen Inhalt für eine gewisse Zeit im Inneren meines Mundes zu verwahren.
Ich tat, wie mir geheißen, widerstand dem Drang, welcher mich an den Rande des Wahnsinns zu führen drohte, und es war kein Tropfen meine trockene Kehle hinunter gewandert, als ich das Glas zurückgab.
Man lobte meinen starken Willen und ich starb.
(Abstinenzversprechung, 2015)
Quietschigste Blume
des Frühlings erblühend
reifend, erstarkend
vor Lebenslust glühend
Sich erhebend, sich reckend
gen Gott und der Welt
wider Würmern und Schnecken
ihr Antlitz tapfer sich stellt
Das Herz wird mir schwer
Es rührt mich gar sehr
Würd‘ gern in der Vase sie sehen
Doch von Entwurzelung droht
Gewiss ihr der Tod
Drum‘ lass ich sie wehmütig stehen.
(Campanula Patula, 2015)