CAZZ422

Holunderblüten

Publiziert am von bs

Es schweben durch sommerlich warme Lüfte
der Holunderblüten liebliche Düfte.
Die sanfte Berührung streichelt die Sinne,
als ob leise ein Ton aus der Ferne erklinge.

Ein Hauch, unmerklich im Strom der Gezeiten
zu schwach, verblassend in endlichen Weiten.
Ein stilles, kaum hörbares, winziges Flüstern
bläht des Allergikers schwülstige Nüstern.

Anmerkung:

Sirup ist süß wie eine Panzerfaust,
weshalb mich der bloße Gedanke schon graust.
Klebriger Ekel malträtiert den Geschmack
und vergewaltigt die Nerven,
      wie ein Tritt in die Genitalien.

(post-neo-romantisches Gesülz mit dramatischer Wende)

 
 



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Krise – Krise – Krise

Publiziert am von bs

 

 
 

Illustrationen „Wirtschaftskrise“, 2009

 



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It don’t mean a thing

Publiziert am von bs

 

Studienarbeiten „figürliches Zeichnen“, 2009



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Mein teuerstes Werk

Publiziert am von bs

Es war die letzte Arbeit meiner Schulzeit, sowie die größte und teuerste meines künstlerischen Schaffens bis dato. Deshalb möchte ich von jener Arbeit berichten.

Das postmoderne, brutalistische Betonkonstrukt, welches meine Schule beherbergte, besaß einen kleinen Durchgangsraum am Eingang. Links Beton, rechts Beton, vorne und hinten Glastüren. Nichts drin, außer etwas Ausstellungsfläche an der Betonwand. Der Boden rot gefliest und an sonnigen Tagen von Sonnenschein erhellt. So betraute man uns wahrhaftige Künstler mit dem Auftrag jene leere Fläche zu füllen und unser kreatives Genie mit der schulischen Öffentlichkeit zu teilen.

Zusammen mit dem Kollegen Philip Ersch widmete ich mich also jener Aufgabe. Unser Ziel war es etwas Einmaliges, etwas Kolossales zu hinterlassen. Eine monumentale Plastik, ein großartiges und endgültiges Kunstwerk. Keinen dekorativen, naiven Schwachsinn, wie man es vielleicht von uns erwartete. Es sollte etwas Großes geschaffen werden und uns nicht nur den Respekt der Schule, sondern der gegenwärtigen und den der nachfolgenden Generationen, ja der gesamten Menschheit einbringen.

Unser Ziel war formuliert und so machten wir uns an die Arbeit.

Unsere Ausstellungsfläche wurde leider unschön von einem circa 1 Meter hohen Heizkörper besetzt von welchem ein Rohr senkrecht zur Decke verlief. Dieser Eingangsbeheizer zerteilte unsere Wand in einem 1 : 2 Verhältnis, woraufhin wir uns zu einem asymmetrischen Triptychon gezwungen sahen. So bespannten wir zwei große Keilrahmen, circa 1,4x 2,2 Meter und einen dritten kleineren quadratisch mit Seitenlänge 1 Meter. Das verhältnismäßig kleine Quadrat füllte die Ecke, welche Heizkörper und Rohr auf der rechten Seite einspannten und die beiden großen Leinwände die restliche Wand. Der Heizkörper wurde so zu einem Teil der Installation und fügte sich harmonisch in die Gesamtkomposition.

Wir überschrieben unser Projekt mit dem Arbeitstitel „Etagenmalerei“ und sahen uns mit unserer expressionistischen Konzeption schon in die Fußstapfen berühmter Maler, wie Jackson Pollock oder Niki de Saint Phalle treten, denn keiner von uns sollte einen Pinsel in die Hand nehmen. Aus großen Eimern wollten wir die Farbe auf die Leinwand gießen und das von einer möglichst hohen Stockwerk aus, wobei die Physik das Übrige tun sollte und unser Werk vollenden würde. Dabei fühlten wir uns brutal modern.

An einem schönen Sommertag fanden wir uns also Nachmittags in der weitgehend menschenleeren Schule ein und begannen mit der eigentlichen Malerei. Da wir als leider noch unentdeckte Virtuosen, damit rechnen mussten für eventuell verbleibende Verschmutzung durch unsere Acrylfarbe bzw. unser preiswerteres Äquivalent zur Verantwortung gezogen zu werden, entschieden wir uns für eine Feuerschutztreppe zum Schuldach auf der Höhe des 1.Stocks. Gerne wären wir höher hinauf gestiegen, aber wir mussten uns des Gegebenheiten fügen. Nachdem wir eine Plane auf der Wiese des Sportplatzes verlegt und unsere Leinwände darauf positioniert hatten, stiegen wir die Stufen hoch und begannen den Farbeimer zu füllen.

Es war ein ehrfürchtiger Moment, als ich diese großen weißen Leinwände da unten liegen sah, den Eimer hob und mit einem Schwall schwarzer Farbe die Bildfläche füllte. Die Farbe flog aus dem Eimer, stand einen kleinen Moment in der Luft und klatschte dann mit der ganzen Kraft ihrer Masse auf die Malfläche. Von einem ästhetischen Gesichtspunkt betrachtet, waren die Bilder zu diesem Zeitpunkt am besten. Ein einziger schwarzer Spritzer, welcher sich diagonal über alle drei Leinwände zog, ein knackiger Kontrast, klare Konturen und wahnsinnig dynamisch, eben aufgrund der Höhenmeter. Doch unser Ansatz war kein ästhetischer und wir hatten beinahe 6 Liter Farbe mit auf das Dach genommen.
Kurze Rechnung: Bei grob 6 Litern Farbe, mit dem Wasser zur Verdünnung sagen wir 10 Liter und einer Höhe von ungefähr 3,5 Metern, haben wir zusätzlich (im Vergleich zum total langweiligen Ateliermaler) 343,35 Joule an Höhenenergie auf die Leinwand geballert. Energetisch gesehen war unser Kunstprojekt also schon einmal auf hohem Niveau anzusiedeln.

So schütteten wir also Eimer für Eimer vom Dach, bis Farbe und Lust an der Malerei erschöpft waren. Unser Übermut, sowie der kindliche Spaß am Farbeimer verschütten, hatten leider dazu geführt, dass sich auf einer Leinwand ein See gebildet hatte und die Farbe zu verlaufen begann. Dazu hätte man wahrlich nicht auf ein Dach steigen müssen. Aber nichts desto trotz: Es war vollbracht. Von tiefer Kontemplation innerlich erfüllt blickten wir auf das vollbrachte hinab. Die Sonne senkte sich bereits und färbte den Himmel in malerische Rottöne. In diesem Moment betitelte ich das Werk mit dem wunderschönen Namen:

Odyssee in rot

Eigentlich entstand der Name erst später, nämlich als ich zuhause am Computer das kleine Schild entwarf, welches später neben dem Werke hängend, selbiges erläutern sollte. Der Titel war bezeichnend, da wir alle Farben auf die Leinwände gekippt hatten, eben bis auf rot. Somit zeigten die Bildnisse ein matschiges Geflecht, welches primär mit den Farben gelb und blau zu einer starken grau-grün Dominanz führte. Das Fehlen der Farbe Rot auf den Leinwänden sollte im Gesamtwerk, also der späteren Installation durch den Titel behoben werden. Leider wurde dieser eigentlich banale Zusammenhang kaum erkannt.
Der Direktor sollte später witziger Weise sogar über eine chiffrierte politische Botschaft, namentlich einen kommunistischen Bezug spekulieren. Er schien sichtlich beruhigt, als ich ihm versicherte es sei kein politisch motiviertes und auch kein kommunistisches Werk. Ich fühlte mich ausnahmsweise zu unrecht politisiert.

Nachdem die Bilder in der Turnhalle getrocknet waren (eine kleinere Räumlichkeit hätte ihrer künstlerischen Größe nicht genügt) begannen wir sie aufzuhängen. Die fertige Installation bestand nun also aus dem abstrakten Triptychon, durchbrochen von dem Heizkörper, dem im gleichen Farbton bemalten Eimer mit hölzernem Rührstock und dem kleinen Schild mit erläuterndem Text. Damit war das Werk vollständig und unsere Arbeit vollbracht. Leider erst eine Woche nach Notenschluss, daher gab es keine Punkte dafür. (Dieser Umstand hat allerdings keinen Einfluss auf die Arbeit.)

 

Auf dem kleinen erläuternden Schild war zu lesen:

„Odyssee in rot“
von Philip Ersch, Benedikt Sommer
Dispersionsfarbe auf Plastikeimer, Holz,
Leinwand; Installation;
2,23×1,45 m, 2,23×1,44 m, 1,04×1, 04 m,
Kaufpreis: 257 000 Euro


Die Reaktion waren grandios und wir badeten in Ruhm und Ehre. Meine Religionslehrerin sagte es wären „wunderschöne Bilder“, aber mit ihrem bescheidenen Lehrergehalt wären sie nicht zu finanzieren. Dieser traurige Umstand musste wohl auf sämtliche Besucher der Schule zutreffen, da ein Käufer auf sich warten ließ. Nun ja, der Preis war nicht verhandelbar. Ich hatte mich bei der Berechnung des Preises streng an die gängige Faustregel „Länge mal Breite mal sozio-kultureller Bedeutung“ gehalten und gerade als junger Künstler darf man sich nicht unter Wert verkaufen. Man kennt die Geschichten von begabten Künstlern, welche von den rücksichtslosen Kunstmarktkapitalisten ausgebeutet und betrogen werden. Jene Finanzhaie tätigen Investitionen, häufen ihren Reichtum und der Künstler bleibt arm, wenn auch nur zu seinem Besten. Man weiß schließlich, dass Künstler nicht mit Geld umgehen können.

Ein kleiner Rat an eventuelle Leser, welche selbst einmal „Kunst“ oder was sie gerade dafür halten in der Öffentlichkeit ausstellen möchten: Versehen Sie ihr Werk mit einem Preis! Je höher desto besser. Versetzen Sie sich einmal in den gemeinen, vollkommen ahnungslosen Kunstrezipienten: Für diesen bekommt ihre Arbeit erst mit einem zugeordneten Geldbetrag eine greifbare Dimension, einen praktisch am eigenen Vermögen zu ermessenden Wert. Was Sie abbilden ist dabei unerheblich und ob er ihr Werk kaufen wird ist wiederum eine vollkommen andere Frage. Kostet ihre Arbeit soviel, dass er sie sich nicht leisten kann, so wird er sich klein und hilflos vor ihr verneigen. Es handelt sich hierbei eigentlich um völlig Kunst ferne Gesetzte der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Wenn jetzt aber ein Reicher zufällig mitbekommt, wie ganz viele Arme sich das Bild nicht leisten können, dann stehen die Chancen gut, dass er sich und andere von seiner vermögenden Stellung überzeugen muss und Ihnen das Werk abkauft. Glückwunsch!

Wie erwähnt wartete „Odyssee in rot“ vergeblich auf einen Käufer. Die Leute fanden den Preis zwar hoch, jedoch wohl gerechtfertigt, schienen aber die Kohle nicht zu besitzen. Damit stellte sich uns Künstlern ein ernsthaftes Problem, da wir unsere letzten Tage an der Schule verbrachten und die Bilder zu groß waren, um sie in einem normalen PKW zu transportieren.

Wie wir nun so sannen, was zu tun war, da kam folgende Idee auf: Schenkt die Bilder der Schule. Die Idee war tatsächlich nicht so edel, wie man im ersten Moment vermuten möchte, eben wie es meistens ist, wenn jemand etwas verschenkt. Die Idee war die Werke der Schule zu spenden, wobei auf das korrekte Ausstellen einer Spendenquittung zu achten wäre, welche dann wiederum steuerlich geltend gemacht werden könne. Steuerlich absetzbar war, so versprach man uns 10 Prozent, was bei einem Preis von 257 000 Euro ja immer noch ein feines Taschengeld für einen frischgebackenen Abiturienten wäre. Man brauchte nur noch jemand, der auch soviel Steuern bezahlen muss, dann das Bild jenem schenken, dieser schenkt es der Schule, holt sich die Steuer wieder und am Ende hätte man Bargeld. Ein dämlicher, rechtlich und vor allem moralisch extrem fragwürdiger Plan und somit beließen wir es bei jenen theoretischen Überlegungen.

Am Ende bekamen wir unsere Zeugnisse und verließen die Schule. Die Bilder blieben einfach in der Eingangshalle hängen. Einfach so, ohne Umstände, ohne Geld.
An diesem Punkt könnte die Geschichte ein gutes Ende finden. Ich war zufrieden, denn ich wusste die Bilder gut aufgehoben in der Eingangshalle und hatte das gute Gefühl auch nachfolgende Generationen mit meiner Kunst zu beglücken. Es kam allerdings anders.
Wie man aus Kriminalserien weiß, darf ein Verbrecher nie zum Ort des Verbrechens zurück kehren, tut es aber trotzdem und wird dann erwischt. Bei ehemaligen Schülern ist das ähnlich, nur weniger folgenschwer. Eigentlich ist es nur traurig, weil man merkt dass das was man sucht, hier nicht mehr zu finden ist. Ich dachte ich wüsste das bereits, da ich es ja bei anderen Ehemaligen beobachtet hatte, wenn sie grundlos kamen, weil sie nichts mit sich anzufangen wussten.

Ich war leider gezwungen Monate später noch einmal zur Schule zurück zu kehren, um einen Kreidekasten und ein paar Zeichenblöcke aus dem Kunstraum zu holen, welche ich unachtsamer Weise dort zurück gelassen hatte. Es war gerade Unterricht und wie ich es kannte war das Gelände scheinbar ausgestorben, obwohl knapp Tausend Schüler gerade eifrig lernten.

Ich betrat die Eingangshalle und betrachtete das Bildnis, welches vor mir an der Wand hing. Der Beton war der gleiche, sowie die Bodenfliesen und der Heizkörper. Aber was musste ich vor mir an der Wand hängen sehen? Eine schematische Tafel zur Erläuterung der Funktionsweise einer Müllverbrennungsanlage. Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen. Ich hatte die Botschaft verstanden. Angewidert und zutiefst verletzt holte ich meinen Kreidekasten und verließ das Schulgelände, um nie mehr wiederzukehren.

Benedikt Sommer
(München, 2008)

 

 



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